Wirtschaft und Finanzen

„Die langfristige Wachstumsperspektive ist intakt“

Interview mit Dr. Stefan Schulte, Fraport AG

Dr. David Deißner, Geschäftsführer, Atlantik-Brücke, Dr. Stefan Schulte, Vorsitzender des Vorstands, Fraport AG, Jürgen Conzelmann, Vorsitzender, Haus & Grund Frankfurt, Leiter der Regionalgruppe Frankfurt der Atlantik-Brücke, beim Frankfurt Luncheon

Dr. Stefan Schulte, Vorstandsvorsitzender der Fraport AG, sprach beim Frankfurt Luncheon der Atlantik-Brücke über das Thema „Luftverkehrsmarkt – Quo Vadis? Die Branche zwischen Klimadebatte und Covid-Krise“. Im Interview, das wir im Anschluss an die Veranstaltung mit ihm führten, fasst er seine Sicht auf die zwei drängenden Themen für die Luftfahrt zusammen.

Durch die Pandemie war der Flugverkehr drastisch eingeschränkt; die Luftfahrtbranche war besonders stark betroffen. Kann sich die Branche von den tiefen Einschnitten wieder erholen?

Die COVID-19-Pandemie hat die gesamte Luftfahrt massiv belastet und wird noch lange nachwirken. Die Verschuldung der Airlines und Flughäfen ist stark angestiegen. Und es wird noch Jahre dauern, bis wir bei den Passagierzahlen wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Dennoch sehen wir jeden Tag, dass die Menschen weiterhin die Welt erkunden und fliegen möchten. Das zeigen die Passagierzahlen der vergangenen Monate und auch die Buchungen für den Winter. Insofern ist die langfristige Wachstumsperspektive völlig intakt. Aber natürlich wird sich der Luftverkehrsmarkt ein Stück weit verändern und der Wettbewerbsdruck weiter zunehmen.

Das Reisen unter Pandemie-Bedingungen ist nach wie vor unübersichtlich: schnell wechselnde Einreiseregeln, uneinheitliche Impfdokumente – wäre es denkbar, dass die Luftfahrtbranche eine gemeinsame Lösung findet, um hier Abhilfe zu schaffen, z.B. durch digitale Plattformen?

Schaut man auf die vergangenen eineinhalb Jahre zurück, dann hat sich schon vieles getan. Bei entsprechender Planung und Vorbereitung können Sie innerhalb von Europa inzwischen wieder recht verlässlich reisen. Der digitale EU-Impfpass war hierfür ein ganz wichtiger Meilenstein. Die Luftfahrtbranche versucht natürlich, den Reiseprozess zu vereinfachen, und hat etwa die IATA Travel Pass-App eingeführt. Hiermit lassen sich die nötigen Dokumente vorab prüfen und das Check-in-Verfahren geht schneller. Aber letztlich können wir als Branche natürlich nur Tools anbieten oder Ideen einbringen – über die jeweiligen Voraussetzungen wird auf politischer Ebene entschieden. Bei den in vielen Ländern inzwischen hohen Impfquoten und den vorhandenen Testmöglichkeiten gibt es aus meiner Sicht keinen Grund mehr für strikte Einreiseverbote. Trotzdem gibt es gerade bei vielen Interkontinentalverbindungen noch hohe Restriktionen. Aber hier gab es zuletzt ja durchaus auch positive Nachrichten aus einigen Ländern, allen voran aus den USA.

Die UN-Klimakonferenz 2021 beginnt am 31.10. in Glasgow. Sowohl die USA als auch die EU haben den Klimaschutz weit oben auf ihrer Agenda. Was bedeutet das für die Luftfahrtbranche? Und welche Auswirkungen werden etwaige Klimaschutzmaßnahmen in der Luftfahrt für die Verbraucher haben?

Auch die Luftfahrtbranche unterstützt das Pariser Klimaschutzabkommen und das „Fit for 55“-Programm der Europäischen Kommission. Da gibt es überhaupt keinen Dissens bei der Zielsetzung zwischen der Branche und der Politik. Wichtig ist uns, dass die Maßnahmen wettbewerbsneutral umgesetzt werden und nicht bloß zu einer Verlagerung von Verkehren etwa an Drehkreuze im Nahen Osten führen. Deshalb bringen wir unsere Ideen und Vorschläge ein. So ist beispielsweise eine europaweit verbindliche Beimischungsquote für nachhaltige Kraftstoffe ein guter und richtiger Ansatz. Auch wenn das natürlich dazu führt, dass Fliegen perspektivisch teurer wird. Das ist – solange man es mit Augenmaß steuert – aber auch vertretbar.

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