Gesellschaft

„Europa und Nordamerika haben sich gegenseitig inspiriert“

Professor Elmar Fulda, Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt, spricht im Kurzinterview über den verbindenden Charakter von Kunst, die Wirkung von Musik und die Bedeutung des kulturellen Austauschs über den Atlantik hinweg. Das Gespräch ist im Nachgang zum Frankfurt Luncheon mit Elmar Fulda entstanden.

Herr Professor Fulda, Kunst, und vor allem Musik, verbindet Menschen seit jeher und fördert den kulturellen Austausch. Was können Politikerinnen und Politiker im Hinblick auf internationale Zusammenarbeit von Kunstschaffenden lernen?

Musik ist Ensemblearbeit und bedeutet: aufeinander hören und reagieren, das Thema, die Geste der anderen Mitspieler aufnehmen, aus der eigenen Perspektive antworten – und so die unterschiedlichen Stimmen zu einem Ganzen fügen!

Kunst ist im Kern universell, weil menschliches Grundbedürfnis, dem eigenen Erleben Form und Gestalt zu geben. Zugleich ist Kunst kulturell-national verankert und deshalb sehr unterschiedlich. Diese zwei Perspektiven kann Außenpolitik leiten – das Verbindende und das Spezifische, oft erlebt als das Fremde, das aber unsere eigene Welt erweitert und bereichert.

Kunst ist der Umgang mit begrenzten Ressourcen, auch mit der Endlichkeit der eigenen Möglichkeiten – und der Versuch, innerhalb dieser Grenzen zu überzeugenden, gültigen Lösungen zu kommen. Kunst folgt (schon immer) dem Prinzip Nachhaltigkeit.

Kunst ermöglicht ein emotionales Verständnis der Wirklichkeit, einen direkten Zugang zu anderen Menschen, die narrative Übereinkunft und damit die Selbstvergewisserung von Gesellschaft. Kunst ist dadurch unverzichtbare Ergänzung zu wissenschaftlich-forschenden Erkenntniswegen, gerade im gemeinsamen Erlebnis von Kunst.

Zu besonderen Anlässen, ob fröhliche oder traurige, erklingt Musik, die bei Menschen teils verborgene Emotionen weckt. Wie würden Sie diese Wirkung beschreiben, wie schafft Musik dies?

Musik vermag Gegensätze zusammenzubinden: Laut und Leise, schnell und langsam, rau und sanft passen unmittelbar zueinander. Wir werden in ein großes Ganzes eingebunden, das wir als beglückend erleben. Musik hat einen Grundrhythmus, der körperlich spürbar und innerlich nachvollziehbar ist. Dies bringt Menschen (gerade im gemeinsamen Zuhören) in Schwung und Gleichklang.

Der kulturelle Austausch zwischen Deutschland, Europa und den USA ist tief in unserer  gemeinsamen Geschichte verankert und reicht bis zur Siedlung europäischer Einwanderer in Nordamerika und zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zurück. Wie würden Sie die Bedeutung des kulturellen Austauschs im transatlantischen Verhältnis heutzutage einordnen?

Europa und Nordamerika waren in den vergangenen Jahrhunderten immer Anregung, Bezugspunkt, Sehnsuchtsort, auch Konkurrenz – und haben sich dadurch gegenseitig inspiriert und Innovation in allen Lebensbereichen hervorgebracht. So war Paris lange Zeit Pilgerziel der Maler und Bildhauer. In Kalifornien erprobte man neue Lebensformen. IT und Computer sind europäische Erfindungen. Die USA mit ihren wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten machten daraus eine Revolution in allen Bereichen unseres Lebens.

Heute ist die Welt zu komplex, zu ausdifferenziert, auch so ineinander verwoben, dass eine einzelne Nation nichts mehr bewirken kann, sondern dass es ein globales Verständnis zur transnationalen Zusammenarbeit geben muss. Dabei hat die enge Verbindung der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten von Amerika eine besondere Bedeutung, denn sie teilen die Werte von Demokratie und Rechtstaatlichkeit.

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