DKK 2025: „Kanada und Deutschland brauchen engere Beziehungen“
Die 38. Deutsch-Kanadische Konferenz am 5. und 6. Mai 2025 in Ottawa fand dieses Mal genau zur richtigen Zeit statt: Es standen viele drängende Fragen der transatlantischen Agenda zwischen Kanada und Deutschland auf dem Zettel, die es zu erörtern galt. Im Fokus stand die Bewältigung der globalen Veränderungen und die Notwendigkeit, die geopolitische Situation neu zu bewerten. Diskutiert wurden Themen aus den Bereichen Handel, Diplomatie, Technologie, Einwanderung, Verteidigung und Klima.
Eines war dabei immer klar: Deutschland und Kanada stimmen in ihren Werten und Zielen nach wie vor stark überein. 2025 wird voraussichtlich das Jahr sein, in dem beide Länder durch neue Partnerschaften und Handelsbeziehungen einige der ungenutzten Potenziale, wie etwa den LNG-Handel über Deutschlands neues Terminal in Wilhelmshaven, verwirklichen können.
Herausforderungen nach den Wahlen in Kanada und Deutschland
Die Wahlergebnisse in Deutschland und Kanada sind dabei sowohl Herausforderung als auch Chance für die entstehende politische Landschaft. In den Diskussionen herrschte im Wesentlichen Einigkeit darüber, dass der demokratische Prozess in beiden Ländern funktioniert hat, dass aber beide Länder mit einer zunehmenden Polarisierung und dem Aufkommen des Populismus konfrontiert sind. In Kanada wurden die Wahlergebnisse weitgehend nicht in Frage gestellt, was angesichts der weltweit zu beobachtenden politischen Instabilität einen gesellschaftlichen Zusammenhalt erkennen ließ.
Währenddessen fand in Deutschland – in Echtzeit während der Konferenz – die Wahl einer neuen Regierung und eines neuen Bundeskanzlers statt. Zwischen den Sitzungen versammelten sich Teilnehmende um einen Bildschirm, auf dem eine Live-Übertragung des zweiten Wahlgangs zu sehen war, der schließlich Friedrich Merz zum deutschen Bundeskanzler machte. Die Erleichterung in der Gruppe war spürbar, denn eine Niederlage hätte Neuwahlen mit einem möglichen weiteren Aufstieg von Parteien am äußersten Rand des politischen Spektrums zur Folge gehabt.
Die Idee einer neuen Form des Multilateralismus, sowohl in wirtschaftlicher als auch in verteidigungspolitischer Hinsicht, könnte eine mögliche Alternative zur diplomatischen Verunsicherung sein. So wurde auf der DKK beispielsweise eine Annäherung Kanadas an die EU als möglicher Weg ins Gespräch gebracht. Auch wenn eine Vollmitgliedschaft in der EU nicht in Frage kommt, könnte eine Beziehung ähnlich dem norwegischen Modell eine Möglichkeit darstellen. Kanada und Deutschland teilen viele gemeinsame Werte und Herausforderungen, und die Beziehung der beiden Länder gilt als äußerst gut. Die Vertiefung dieser Beziehung durch eine stärkere Wirtschafts- und Verteidigungspartnerschaft ist möglich, erfordert jedoch auf beiden Seiten erhebliche Infrastrukturinvestitionen.
Globaler Handel und Verteidigung in der neuen Weltordnung
Ein weiteres Thema, das sich wie ein roter Faden durch einen Großteil der Konferenz zog, war die Suche nach Wegen, wie man dem Nullsummenspiel der globalen Handelskriege begegnen kann – ein Ergebnis der wirtschaftlichen und handelspolitischen Instabilität, die seit der Einführung der amerikanischen Zölle entstanden ist. Diese neue Wirtschaftsordnung hat dazu geführt, dass Verpflichtungen zur Diversifizierung und Stärkung von Handelsabkommen mit verlässlichen Allianzen eingegangen wurden. In den DKK-Sitzungen wurde ein stärkeres Engagement für die Zusammenarbeit und eine erneute Konzentration auf den Multilateralismus betont.
Wirtschaftliche Sicherheit könne nicht erreicht werden, so der Tenor, indem man sich zu sehr auf einen einzigen Wirtschaftspartner verlässt, da dies zu Stagnation und Verkümmerung bestimmter Wirtschaftssektoren und Lieferketten führen kann. Der Weg, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden, werde komplex und wahrscheinlich mit höheren Kosten verbunden sein, insbesondere aufgrund der geografischen Beschränkungen. Auch die Mobilität von Talenten und Kapital könnte in Betracht kommen, um die Abhängigkeit von einem einzigen ausländischen Markt für einen Großteil der Wirtschaftstätigkeit in Kanada zu überwinden.
Ein weiteres Thema, das beide Länder besonders beschäftigt, ist die Verteidigungsstrategie. Der Mangel an modernen und digitalen Waffen stellt sowohl für Kanada als auch für Deutschland ein potenzielles Entwicklungsfeld dar. Neue und beschleunigte Beschaffungsprozesse könnten Kanada auch besser auf mögliche arktische Bedrohungen vorbereiten.
Umgang mit Technologie, Medien und der neuen KI-Ära
In den meisten Panels der Konferenz wurde der Einsatz von KI zumindest ansatzweise thematisiert. Der vielleicht einflussreichste Einsatz von KI ist in den Medien zu sehen. In relativ kurzer Zeit haben wir erlebt, wie speziell generative KI die Art und Weise, wie Menschen Nachrichten und Unterhaltung erstellen und konsumieren, verändert hat. In den Augen der Öffentlichkeit beginnen die Grenzen zu verschwimmen zwischen Inhalten mit hoher sachlicher Qualität und solchen, die zwar überzeugend sind, aber keinen Bezug zur Realität haben. Dies wirkt sich allmählich auch auf demokratische Institutionen aus, die durch faktisch ungenaue oder falsche, aber emotional sehr ansprechende und virale Inhalte unterminiert werden. Die Leichtigkeit, mit der dies auf globaler Ebene möglich ist, lädt auch die Gegner dazu ein, dieses mächtige Werkzeug in ihr Arsenal aufzunehmen.
Hinzu kommt, dass die meisten digitalen Dienste derzeit auf in den USA ansässige Hyperscaler (große Cloud-Service-Anbieter, Anm. d. Red) angewiesen sind, um die für ihr Geschäftsmodell erforderlichen Rechen- und Speicherkapazitäten bereitzustellen. Dies wird allmählich als wachsende Sorge um die Souveränität sowohl von Unternehmen als auch von Staaten gesehen. Modelle wie „Sovereign Clouds“ wurden als eine Möglichkeit für Nationen genannt, ihre digitalen Vermögenswerte und ihre Integrität innerhalb der Grenzen ihrer eigenen Rechts- und Regulierungssysteme zu schützen und ein mögliches Übergreifen anderer Regierungen zu verhindern.
Ein Forum für „Changemaker“, das Raum für schwierige Fragen bietet
Wenn es jemals ein Jahr gab, in dem die Stärkung der Beziehungen und des Verständnisses zwischen Kanada und Deutschland wichtiger war, dann war es sicherlich das Jahr 2025. Die Deutsch-Kanadische Konferenz hat sich als ein Forum erwiesen, in dem der freie Austausch von Gedanken und Ideen gedeihen kann. Mit einer vielseitigen Auswahl von Delegierten aus vielen Bereichen der Regierung, der Industrie und der Wissenschaft sowie den zehn Teilnehmern des Programms „Young Atlantiks“ der Atlantik-Brücke waren die Diskussionen zuweilen recht lebhaft. Was bleibt, ist das Gefühl, dass wir durch die Eröffnung des Dialogs den Wandel herbeiführen können, der notwendig ist, um die engeren Beziehungen zu schaffen, die sowohl Kanada als auch Deutschland in diesen Zeiten brauchen.