Klima und Energie

Nord Stream 2 – ein Projekt mit geopolitischen Dimensionen?

Diskussion mit Alina Polyakova

Der Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 führte in den vergangenen Monaten immer wieder zu Verstimmungen in den transatlantischen Beziehungen. Der Vorwurf von US-Präsident Donald Trump, Deutschland mache sich abhängig von russischem Gas, stellt dabei lediglich eine rhetorische Verschärfung dar, so Alina Polyakova, Expertin für europäische Politik und russische Außenpolitik sowie David M. Rubenstein Fellow an der Brookings Institution. Polyakova argumentierte in ihrem Vortrag während einer Dinner-Diskussion der Atlantik-Brücke am 6. September in Berlin, der amtierende US-Präsident folge mit seiner Kritik der gleichen Logik, die bereits die Administrationen unter Barack Obama und George W. Bush zum Ausdruck gebracht hätten. „Aus Sicht der USA unterminiert und destabilisiert Nord Stream 2 die Sicherheit der Energieinfrastruktur in Europa“, fügte Polyakova hinzu.

Die Diskussion zwischen Polyakova und Mitgliedern der Atlantik-Brücke beschäftigte sich hauptsächlich mit der Frage, ob und warum es die neue Gaspipeline überhaupt brauche. Polyakova vertrat dabei die Meinung, dass die Gaspipeline aus europäischer und deutscher Sicht keine Vorteile, sondern vielmehr energie- und geopolitische Nachteile habe. Klar sei, so Polyakova, dass Nord Stream 2 Europa nicht zusätzlich mit Gas versorge. Das Bauprojekt offenbare vielmehr ein strategisches Interesse Russlands. „Russland will mit Nord Stream 2 die Ukraine komplett destabilisieren, so dass das Land nie in die EU oder NATO kommt. Gleichzeitig wird Europa immer abhängiger von Russland“, so die Einschätzung von Alina Polyakova.

Polyakova betonte weiter, sie erachte den Ankauf von russischem Gas aus wirtschaftlichen Motiven als unproblematisch. Ihre Kritik gründe vielmehr darauf, dass Nord Stream 2 in erster Linie ein politisches und militärisches Projekt sei. Aufgrund der geopolitischen Implikationen und des enormen Widerstands in einigen europäischen Staaten gefährde das Bauprojekt zudem nicht nur die langfristige Sicherheitslage auf dem europäischen Kontinent, sondern auch die innereuropäische politische Kohärenz. Eingewandt wurde, dass es dank der Diversifizierungsbemühungen auf europäischer Ebene weder jetzt noch in Zukunft die Gefahr einer Abhängigkeit von russischem Gas gebe. Weiterhin wurde die Frage aufgeworfen, ob die amerikanische Regierung mit ihrer Kritik an Nord Stream 2 nicht hauptsächlich von wirtschaftlichen Interessen hinsichtlich des Verkaufs von amerikanischem Liquefied Natural Gas (LNG) an Europa geleitet werde. Kontrovers diskutiert wurde auch Polyakovas Ansicht, nach der hinter dem Bauprojekt nicht nur wirtschaftliche und energiepolitische, sondern insbesondere geopolitische Abwägungen stehen.

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