Digitalisierung

Vertrauen ist gut, Regulierung ist besser

Vertrauen ist gut, Regulierung ist besser Panelist*innen (v.l.n.r.) Claudia Plattner, Philipp Otto, Constance Chucholowski und Stefan Höchbauer.

Technologie ist Politik. Auf diese Grundformel konnten sich die Gäste der Strategy Session „Vertrauen in Digitalisierung stärken: Die Rolle der transatlantischen Wertegemeinschaft“ am 16. Januar 2024 problemlos einigen. Und darauf, dass die Schaffung einer resilienten digitalen Infrastruktur zu den wichtigsten digitalpolitischen Aufgaben zählt.

Bei der Veranstaltung der Atlantik-Brücke im Gebäude von AWS Berlin diskutierten Stefan Höchbauer, Managing Director EMEA Central, Amazon Web Services (AWS), Philipp Otto, Direktor und Geschäftsführer, iRights.Lab, und Claudia Plattner, Präsidentin, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Moderiert wurde die Runde von Constance Chucholowski, Gründerin und Geschäftsführerin, Candid Public Affairs und Young Leaders Alumna 2023.

Digitalisierung habe heutzutage einen entscheidenden Einfluss darauf, wie gut Gesellschaften funktionieren. „Digitalisierung ist nicht nur die Bereitstellung von Services, sondern ein Hebel, mit der man in der Gesellschaft vieles verändern kann“, hieß es. Und Verantwortung könne, ja müsse man gesetzlich zuschreiben. Die Gäste auf dem Podium stimmten angesichts der Verflechtungen der Digitalwirtschaft darin überein, dass es in diesem Zusammenhang auch wichtig sei, „dass wir das transatlantische Wir hinbekommen“.

Ein Beispiel konstruktiver und vertrauensstiftender Zusammenarbeit zwischen öffentlichem Sektor und Digitalwirtschaft in diesem Zusammenhang: die Entwicklung europäischer Cloud-Dienste durch US-amerikanische Unternehmen unter Einhaltung von Sicherheitskriterien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Das Wichtigste sei dabei das Vertrauen der Kund*innen in die digitalen Produkte der großen Tech-Konzerne. Die großen Fragen, um die sich alles dreht: Wie können die Unternehmen Vertrauen herstellen? Wie können sie beweisen, die Daten der User nicht für andere Zwecke zu nutzen? Wie lässt sich sicherstellen, dass die Menschen nicht mit dem Gefühl zurückgelassen werden, dass sie das Produkt sind?

„Regulierung ist Teil der Lösung, ohne sie wird es nicht funktionieren“, waren sich die Panelist*innen einig. Ziel müsse es allerdings sein, eine europäisch und transatlantisch abgestimmte Regulierung zu ermöglichen. Die Frage, was genau Tech-Konzerne in Eigeninitiative tun können, um das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen, blieb an diesem Abend aber unbeantwortet.

Die Runde kritisierte, dass es oftmals an vorausschauendem Denken fehle, wie man mit Digitalisierung die Gesellschaft gestalten möchte – vor allem auch auf Seiten der Bundesregierung. An vielen Stellen fehle der Plan, es werde auf Sicht gefahren, so der Tenor. Standardisierung biete die Chance zur Vereinfachung. Jedoch neige Deutschland zur Überregelierung, was viele Prozesse verkompliziere. 

Am Ende ging es um die Frage, welche Auswirkungen die erneute Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten auf den Standardisierungsprozess von Digitalisierung hätte – und hier gingen die Meinungen des Panels deutlich auseinander. Einige waren der Ansicht, Trumps Wahl hätte zwar eine Schwächung der Institutionen zur Folge, doch das werde nichts an der Strategie der großen Konzerne ändern. Sprich: Man könne einfach pragmatisch weitermachen. Andere äußerten sich pessimistischer. Viele Dinge würden schließlich von der transatlantischen Zusammenarbeit abhängen – Stichworte: Ransomware-Angriffe und Cybersecurity-Strategie.

Am Ende des Abends gingen die Teilnehmenden mit dem Eindruck auseinander, dass der gemeinsame digitale Weg zwar kein leichter sei, man aber mit dem Willen zur Zusammenarbeit und gut durchdachten Regulierungen gemeinsam einiges bewegen könne.

———————-

Europas technisches Vertrauen braucht stärkere Standards

Ein Kommentar von Beate Wild

Trotz durchaus unterschiedlicher Interessen war die transatlantische Annäherung in vielen Digitalisierungsfragen zuletzt deutlich zu spüren – vom EU-U.S. Data Privacy Framework über den Trade & Technology Council (TTC) bis hin zur Koordinierung in Grundsatzfragen der Regulierung Künstlicher Intelligenz. Die Verhandlungen zum “European Cybersecurity Certification Scheme for Cloud Services” zeigten aber, dass das Setzen von Standards im Cloud-Bereich weiterhin von Faktoren wie Standortpolitik und Souveränitätsgedanken beeinflusst werden kann.

Die EU-Länder werden ihre eigenen “Hyperscaler”, also große Cloudservice-Anbieter, nicht herbeiregulieren können; allerdings erkennen auch die US-Anbieter, dass Europas technisches Vertrauen in einer immer stärker Cloud-basierten Welt mit hohen und womöglich weiter wachsenden Sicherheits- und Verarbeitungsstandards einhergeht.

Bleiben Sie auf dem Laufenden und abonnieren Sie unsere Newsletter RECAP & INSIGHTS.