Wirtschaft und Finanzen

„Wir haben uns über Jahrzehnte an eine Vorzugsbehandlung gewöhnt“

Interview mit Ralph Freund, Republicans Overseas Deutschland

Ralph Freund, Vertereter der Republicans Overseas Germany, war am 14. Februar Gastredner beim Frankfurt Luncheon der Atlantik-Brücke. Im Anschluss an seinen Vortrag hat er uns drei Fragen zum deutsch-amerikanischen Verhältnis und den politischen Grabenkämpfen in den USA beantwortet.

In den USA hat Präsident Donald Trump laut aktuellen Umfragen eine höhere Zustimmungsrate als je zuvor. Hierzulande ist der amerikanische Präsident weniger beliebt. Laut einer Pew-Umfrage vertrauen ihm nur 13 Prozent der Deutschen. Was entgegnen Sie deutschen Trump-Kritikern?

Die Sichtweise der deutschen Bevölkerung ist durchaus verständlich, wenn man die an Deutschland gestellten Forderungen der USA seit dem Amtsantritt von Präsident Trump berücksichtigt. Es geht zum einen um die Reduzierung von Handelszöllen, da Deutschland im bilateralen Ländervergleich höhere Handelsbarrieren hat. Zum anderen um die Einforderung eines höheren und vertraglich vereinbarten Verteidigungsbeitrages Deutschlands. Diese beiden Punkte wurden von allen US-Präsidenten in der Vergangenheit immer wieder angesprochen und angemahnt, aber es hat sich diesbezüglich recht wenig geändert. Erst der Druck durch die Trump-Administration hat zu Bewegungen und Zugeständnissen in der Sache geführt. Und da diese für Deutschland durchaus spürbar sind, werden der Ton und die Forderungen des Präsidenten von der deutschen Bevölkerung als schmerzhaft empfunden. Es ist für uns ungewohnt, dass US-Interessen so offen vertreten werden. Wir haben uns an eine Vorzugsbehandlung über Jahrzehnte hinweg gewöhnt, erleben die Abkehr davon als unangenehm und stehen diesen Vorhaben ablehnend gegenüber. In den USA findet diese Vertretung eigener Interessen verständlicherweise eine hohe Zustimmung.

Trump hat Deutschland oft für seinen Leistungsbilanzüberschuss kritisiert. Ist diese Kritik gerechtfertigt?

Der hohe Handelsbilanzüberschuss Deutschlands gegenüber den USA hat viele verschiedene Gründe. Das sind zum einen solche, die aus Wettbewerbssituationen in den Teilmärkten zwischen Handelspartnern immer entstehen können und werden. Politik kann und sollte diese nicht beeinflussen. Und zum anderen sind das administrative Gründe, die aufgrund von Handelszöllen, Zulassungsbeschränkungen etc. entstanden sind und von der Politik gelöst werden sollten. An dieser Stelle ist die US-amerikanische Kritik durchaus gerechtfertigt. Eine weitere Ursache für das US-amerikanische Handelsbilanzdefizit ist allerdings auch der Wechselkurs zum US-Dollar, dem administrativ kaum begegnet werden kann. Auch erscheint das Handelsbilanzdefizit der USA unter Berücksichtigung seines Dienstleistungsüberschusses gegenüber Deutschland in Summe in einem ganz anderen Licht und lässt der Politik an dieser Stelle viele Handlungsmöglichkeiten. Wenn Deutschland beispielsweise US-Digitalunternehmen entgegenkäme, indem es auf die Erhebung einer Digitalsteuer verzichtet, ließe sich deutlich Druck aus den derzeitigen Gesprächen nehmen.

Am 3. November findet die US-Präsidentschaftswahl statt. Werden sich die politischen Grabenkämpfe zwischen den Parteien weiter verschärfen?

Diese Frage ist erst dann abschließend zu beurteilen, wenn der Kandidat für das Präsidentenamt der US-Demokraten bestimmt wurde. Zurzeit existieren zwei Lager innerhalb des US-demokratischen Spektrums, zwischen dem eher linken und dem eher gemäßigten Lager. Vertreter, die eher die Mitte der Gesellschaft ansprechen wie Joe Biden und Pete Buttigieg, würden bei einem Wahlkampf mit Präsident Trump tendenziell weniger Lagerkämpfe entstehen lassen. Hingegen sind bei einem Wahlkampf mit Vertretern des linken politischen Spektrums wie Bernie Sanders oder Elizabeth Warren eher ideologische Grabenkämpfe zu erwarten. Es bleibt in jedem Falle spannend, was bereits hinsichtlich des US-demokratischen Vorwahlkampfes an Entscheidungen zu erwarten ist.

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