Young Leaders Program

Young Leaders 2025: Über Grenzen hinweg

Die 46. Young Leaders Conference der Atlantik-Brücke wurde vom 9.-15. August 2025 auf Schloss Neuhardenberg in Brandenburg ausgerichtet und brachte insgesamt 50 Führungskräfte aus den Vereinigten Staaten und Deutschland zusammen. Was versprach eine besondere Woche der Interaktion, Diskussion und des Netzwerkens zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen zu werden, wurde für die Young Leaders Kohorte zu einer ganz besonderen Erfahrung auf beruflicher und privater Ebene.

Von Antonia Howaldt and Jason Drouyor​​​ 

Nach einer herzlichen Begrüßung durch Julia Friedlander, Geschäftsführerin der Atlantik-Brücke, und den Organisatorinnen und Organisatoren der Woche – Tobias Luthe, Louise Lüdke und Franka Ellman – eröffnete Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft und stellvertretender Vorsitzender der Atlantik-Brücke, die Konferenz.

Er sprach über die sich wandelnde Balance zwischen Hard Power und Soft Power, die strategische Ambiguität der Trump-Regierung, die „erschöpfte Globalisierung“ und den Abschied von der internationalen Sicherheits- und Handelsordnung der Nachkriegszeit. Weiterhin thematisierte er die Rolle Chinas, Deutschlands Zeitenwende und die Reform der Schuldenbremse, die höhere Verteidigungsinvestitionen ermöglicht und Deutschland und die EU als unabhängigere Verbündete stärkt.

„Sowohl die Gewinner als auch die Verlierer der Globalisierung treiben die politische Polarisierung voran“

Prof. Hüther hob die Spannungen hervor, die durch die Globalisierung entstanden sind, wobei sowohl deren Gewinner als auch Verlierer die politische Polarisierung vorantreiben – wie der Aufstieg der AfD in Deutschland und der MAGA-Bewegung im ländlichen Amerika deutlich macht. Diese Spannungen zu bewältigen und gleichzeitig die demokratische Selbstbestimmung zu bewahren sei nach wie vor eine zentrale Herausforderung unserer Zeit, betonte er.

Am zweiten Tag der Konferenz entwarfen die Fellows in Szenario-Sitzungen jeweils best- und worst-case Szenarien für die Zukunft Deutschlands und die Vereinigten Staaten. Mit diversen Perspektiven auf Wirtschaft, Politik, Sicherheit, Technologie, Gesellschaft und Umwelt boten diese Sitzungen einen wertvollen Rahmen für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem, was in den nächsten Jahren auf dem Spiel steht, und zeigten Möglichkeiten für intensivierte Zusammenarbeit und Innovation auf.

Mehrere Young Leaders Alumni kehrten als Vortragende zurück nach Neuhardenberg. Karsten Uhlmann (YL 2003), Geschäftsführender Gesellschafter, Frankfurter Brauhaus, und Vorstandsmitglied der Atlantik-Brücke, gab einen kurzen Einblick in seine Biographie: Vom Aufwachsen in Ostberlin über den Kauf der Frankfurter Brauhaus GmbH im Jahr 2003, dem Ausbau des Betriebs, den Herausforderungen steigender Energiepreise sowie der globalen Expansion einschließlich der Eröffnung einer deutschen Brauerei in Charlotte, USA.

Die Diskussion erörterte auch die sich wandelnde politische Landschaft in Ostdeutschland und das anhaltende Gefühl der Marginalisierung und unvollständigen Integration Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung. Seine Überlegungen unterstrichen, wie eng Wirtschaft, Politik und Geschichte miteinander verflochten sind.

Paula Cipierre (YL 2024), Global Head of Privacy bei HCL Tech, teilte Einblicke in die Regulierung von Künstlicher Intelligenz, die Balance zwischen Innovation und Ethik sowie die Herausforderung, globale Standards zu etablieren. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf dem Vergleich deutscher bzw. europäischer und US-amerikanischer Ansätze der KI-Governance. Dabei wurde Deutschlands Rolle innerhalb des EU AI Act der stärker exekutiv geprägten, prinzipienbasierten Strategie der USA gegenübergestellt. Ihre Analyse verdeutlichte, dass die Weiterentwicklung der KI-Regulierung auch in den kommenden Jahren eine zentrale Aufgabe bleiben wird.

Dr. Max Krahé (YL 2022), Mitgründer und Forschungsdirektor des Dezernats Zukunft, und Dr. Florian Schuster-Johnson, Head of Growth & Budget Lab des Dezernat Zukunft, beschrieben Ihre Arbeit in dem Berliner Think Tank und skizzierten Deutschlands ökonomische und fiskalpolitische Zeitenwende sowie deren Möglichkeiten und Trade-Offs. Der Vortrag und die Diskussion regten dazu an kritisch zu hinterfragen, wie die transatlantische Zusammenarbeit auf die sich wandelnden geopolitischen und technologischen Realitäten reagieren kann.

Das Programm bot auch die Möglichkeit zum direkten Austausch mit Fachleuten, die Deutschlands politische und sicherheitspolitische Landschaft gestalten. Oberst Karsten Struß vermittelte Einblicke in die laufenden Modernisierungsprozesse der Bundeswehr und die Herausforderung der Anpassung an neue sicherheitspolitische Realitäten. Claudia Kade, Leiterin des Politikredaktion bei Die WELT, kommentierte die ersten 100 Tagen der neuen Koalition und diskutierte die Auswirkungen des algorithmischen Nachrichtenkonsums sowie dessen Rolle bei der Gestaltung der Medienberichterstattung.

Zwei Tagesausflüge nach Berlin ermöglichten Raum für einen politischen Dialog verbunden mit einem kulturellen Austausch.

„Die Diskussionen unterstrichen, wie globale Unternehmen einen lokalen Beitrag leisten können“

Im Edge East Side Tower gab Antonia Bruhn, Senior Public Policy Manager DACH, Amazon Web Services (AWS), einen Überblick über Cloud Computing im Zeitalter der (digitalen) Souveränität. Clemens John, Public Policy Manager für Digital & Devices, gab einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen des Projekt Kuiper, Amazons erstes Weltraumprojekt und satellitengestütztes Breitbandnetzwerk in der niedrigen Erdumlaufbahn, das schnellere und erschwingliche Breitbandverbindungen für unterversorgte Gemeinden weltweit bereitstellen soll. Afra Gloria Müller, Corporate Affairs Manager, berichtete über die aktuellen lokalen Community-Engagement-Programme von Amazon in Berlin und der DACH-Region, darunter KiezLab, das gemeinnützigen Organisationen in der Nachbarschaft kostenlose Arbeitsräume zur Verfügung stellt. Der Austausch bei Amazon unterstrich, wie globale Unternehmen einen lokalen Beitrag leisten und gleichzeitig internationale Herausforderungen in den Bereichen Konnektivität und Datenverwaltung adressieren können.

Politische Debatten und kultureller Austausch

Siemtje Möller (YL 2018), Mitglied des Bundestages (SPD), stellvertretende Fraktionsvorsitzende und ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung unter Bundeskanzler Scholz, beleuchtete die Herausforderungen Deutschlands bei der Angleichung politischer Ambitionen an die Verteidigungsbereitschaft, in der Stärkung militärischer Kapazitäten und die Auswirkungen auf die transatlantische Zusammenarbeit. Als Young Leaders Alumna teilte sie auch Erinnerungen an die YL-Konferenz 2018, bei der sie gemeinsam mit Julia Friedlander eine Gruppensitzung zum Thema westliche Verteidigung leitete.

Der anschließende Besuch im Bundestag bot neben einer Tour durch das Reichstagsgebäude aktuelle Einblicke in die Struktur des koalitionsbasierten parlamentarischen Systems Deutschlands und die Frage, wie der Bundestag die Führungsrolle Deutschlands in Europa prägt.

Bei einem Besuch im Bundeskanzleramt trafen die Young Leaders Jacob Schrot (YL 2022), Leiter des Kanzlerbüros, und Ole Funke, Gruppenleiter im Bundeskanzleramt. In einem Gespräch über transatlantische Beziehungen und Europapolitik teilten sie ihre Einblicke in Hinblick auf die Prioritäten Deutschlands innerhalb der EU und hoben die Bedeutung der stärkeren Abstimmung europäischer und transatlantischer Strategien hervor. Sie betonten die Notwendigkeit einer starken Koordinierung bei der Bewältigung gemeinsamer geopolitischer Herausforderungen und unterstrichen die Rolle des Bundeskanzleramtes bei der Gestaltung des deutschen Beitrags zur europäischen Führungsrolle und zur transatlantischen Einheit. Dieser Besuch vertiefte das Verständnis für die zentrale Rolle des Bundeskanzlers Friedrich Merz bei der Steuerung der nationalen Politik und der Stärkung der transatlantischen Zusammenarbeit.

Das kulturelle Rahmenprogramm gipfelte in einem Studiobesuch beim Maler und Künstler Christian Awe und einem Austausch über die Berliner Kunstszene. Eines seiner großen Werke ist das monumentale Gemälde „Begegnung“, welches im Jahr 2016 an der Fassade der Landesvertretung Niedersachsen in Berlin in unmittelbarer Nähe des Holocaust Mahnmals angebracht war. Dieses Werk sowie weitere seiner Wandbilder in Berlin sind ein eindrucksvolles Beispiel für die sorgfältige Planung und künstlerische Vision, die erforderlich sind, um ein Projekt dieser Größenordnung zu realisieren und dabei das Gleichgewicht zwischen Abstraktion und Fotorealismus zu wahren. Für die Teilnehmenden wurde deutlich, wie die Schnittstelle zwischen Kunst, Geschichte und öffentlichem Raum als Katalysator für Dialog wirken kann und wie der kulturelle Austausch zur Vertiefung transatlantischer Verbundenheit beitragen kann.

Ergebnisse

In sieben World Café Sessions diskutierten die Fellows in Kleingruppen aktuelle transatlantische Herausforderungen – vom Wettbewerb mit China über neue Verteidigungsstrategien bis hin zur globalen Energiewende. Diese Sitzungen dienten als Sprungbrett für den Austausch von Ideen, die später die Bemühungen der Young Leaders in ihren jeweiligen Arbeitsgruppen unterstützen sollten.

Während der gesamten Woche fungierten diese Arbeitsgruppen als Inkubatoren für konkrete Initiativen zur Stärkung und Modernisierung der transatlantischen Partnerschaft. Verteidigung, Technologie, Handel und regionale Allianzen wurden nicht als isolierte Herausforderungen behandelt, sondern als Bausteine eines übergeordneten strategischen Rahmens betrachtet.

Kurzzusammenfassungen der Arbeitsgruppen liefern Einblicke in die bewegenden gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit:

AI Crossroads: Innovation, Ethik und globale Governance in einer Welt strategischer Rivalität – Die Teilnehmenden erörterten die Regulierung sektorübergreifender Risiken im Bereich Künstliche Intelligenz und betonten die Notwendigkeit einheitlicher Sicherheitsstandards sowie wirksamer Mechanismen zur Bewältigung ethischer, sicherheitsrelevanter und missbrauchsbezogener Fragestellungen. Die Gruppe prüfte unterschiedliche Ansätze, darunter die Nutzung bestehender internationaler Foren, die Einrichtung eines neuen Multi-Stakeholder-Gremiums nach dem Vorbild der IAEO im Nuklearbereich oder den Abschluss internationaler Vereinbarungen in Anlehnung an das Pariser Klimaabkommen. Übergeordnetes Ziel war es, die KI Governance so weiterzuentwickeln, dass sowohl internationale Zusammenarbeit als auch Innovation gefördert werden.

Hard Power, neue Realitäten: NATO, Ukraine und die Zukunft kollektiver westlicher Verteidigung – Die Teilnehmenden erarbeiteten innovative politische Empfehlungen zur Stärkung der transatlantischen Sicherheit. Vorgeschlagen wurden unter anderem eine stärkere transatlantische Abstimmung bei der Bewältigung sicherheitspolitischer Herausforderungen durch China, eine verstärkte Führungsrolle Europas im Hinblick auf eine nachhaltige Friedenslösung in der Ukraine sowie innovative Finanzierungsmechanismen zur Unterstützung der europäischen Aufrüstung.

Die neue Handelspolitik: Lieferketten, Souveränität und globale Machtverschiebungen – Die Arbeitsgruppe identifizierte zentrale Herausforderungen im internationalen Handel und in der Weltwirtschaft und besprach, wie die transatlantische Partnerschaft zur Bewältigung dieser Herausforderungen ausbaut werden kann. Behandelt wurden insbesondere sicherheitspolitische Risiken, externe Effekte im Zusammenhang mit dem Aufstieg nicht-marktwirtschaftlicher Volkswirtschaften sowie inländische sozioökonomische Auswirkungen von Handelspolitik. Die Prinzipien des freien und offenen Handels wurden auch in einer sich wandelnden Handelsordnung als zentrale Leitziele bestätigt, auch wenn eine weitere Eskalation von Handelsbarrieren im kurzfristigen Ausblick wahrscheinlich erscheint.

Eine strategische Partnerschaft? Der transatlantische Bund jenseits der Nostalgie – Die Gruppe erarbeitete Möglichkeiten, das transatlantische Bündnis zu modernisieren und es sowohl an den historischen gemeinsamen Werten als auch an den heutigen transaktionalen Interessen auszurichten. Die Gruppe schlug vor, dass Deutschland und die Vereinigten Staaten ein bilaterales Berufsausbildungsprogramm, ein Programm für die Reparatur und das Recycling von Handelsschiffen sowie eine Initiative zur Energieversorgungssicherheit für deutsche Investitionen zur Unterstützung der Diversifizierung der US-Energieversorgung einrichten sollten.

Durch die Skizzierung konkreter Initiativen – einschließlich Umsetzungsstrategien, Ressourcenplanung und Einbindung von Interessengruppen – zeigten die Arbeitsgruppen, wie koordiniertes Handeln die kollektive Stärke ausbauen, die Anpassungsfähigkeit verbessern und Leadership über Grenzen hinweg fördern kann.

Gegen Ende des Programms fand ein besonderes Kamingespräch statt, bei dem vier Young Leaders ihre persönlichen Erfahrungen zum Thema Führung mit der Gruppe teilten. Nach den Begegnungen mit diversen Young Leaders Alumni in Führungspositionen gewann diese Diskussion zum Abschluss des Programms 2025 eine ganz neue Bedeutung.

Nachhaltige Wirkung

Die Konferenz endete mit einer gemeinsamen Reflexion zentraler Erkenntnisse und einem Abschiedsabendessen am Flughafen Neuhardenberg. Die Woche verdeutlichte den Wert vielfältiger Perspektiven, die Notwendigkeit, Annahmen kritisch zu hinterfragen, und die Bedeutung, Dialoge in konkrete Initiativen zu übersetzen. Die Young Leaders verließen die Konferenz mit einem erneuerten Bekenntnis zu gemeinsamen demokratischen Werten sowie einem gestärkten transatlantischen Netzwerk und neuen Freundschaften, die sich über die Woche hinaus weiter vertiefen werden. Die Woche hat uns darin bestärkt, dass Leadership insbesondere in der aktiven Gestaltung unserer Zukunft liegt, der wir uns in transatlantischer Partnerschaft und Freundschaft auf beiden Seiten des Atlantiks annehmen wollen.

Bleiben Sie auf dem Laufenden und abonnieren Sie unsere Newsletter RECAP & INSIGHTS.