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Zwischen Ukraine-Konflikt und Bedrohung durch den IS

Am 20. November hat das 23. Expertengespräch der Atlantik-Brücke mit dem U.S. European Command im Magnus-Haus in Berlin stattgefunden. Den Vorsitz hatten Admiral Mark Ferguson, Commander Allied Joint Force Command Naples, U.S. Naval Forces Europe und U.S. Naval Forces Africa, und Generalleutnant Erhard Bühler, Leiter der Abteilung Planung im Bundesministerium der Verteidigung. Friedrich Merz, Vorsitzender der Atlantik-Brücke, führte in das Gespräch ein. Seit 1990 dienen die in dieser Form einzigartigen Gespräche in vertraulicher Atmosphäre dazu, dass sich hochrangige Vertreter des U.S. European Command sowie der Bundeswehr auf Einladung der Atlantik-Brücke mit Experten aus Ministerien, Parlament, Wirtschaft und Medien über aktuelle sicherheits- und verteidigungspolitische Themen austauschen.

Die Einbettung des Themas fand aus deutscher Perspektive zunächst mit Blick auf den aktuell stattfindenden Weißbuchprozess statt, der die sicherheits- und verteidigungspolitischen Grundlagen der Bundesregierung für die nächsten zehn Jahre umreißt. Von zentraler Bedeutung sei hierbei die Einbettung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsstrategie in eine multinationale Kooperation – insbesondere mit der NATO. Aus Sicht der NATO spielt in diesem Kontext die Abwehr hybrider Kriegsführung eine zunehmend wichtige Rolle.

Ganz konkret standen die beiden großen Herausforderungen für die NATO im Mittelpunkt des Gesprächs: die Ukraine-Krise und das Verhältnis zu Russland sowie die akute Bedrohung durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS), die vor allem aus Syrien und dem Irak heraus operiert und mit den Anschlägen von Paris inzwischen auch Europa getroffen hat. Die Teilnehmer betonten, dass eine mögliche Kooperation des westlichen Bündnisses mit Russland in Syrien zur Bekämpfung des IS nichts an der Bewertung der russischen Rolle auf der Krim und in der Ostukraine ändere. Das Verletzen international anerkannter Regeln durch Russland – der Bruch des Völkerrechts bei der Annexion der Krim sowie die Verletzung der territorialen Integrität und der nationalen Souveränität der Ukraine – dürfe nach wie vor nicht toleriert werden. Deshalb habe die NATO seit ihrem Gipfel von Wales verstärkt mit bilateralen und multilateralen Übungsmanövern und mehr als 40 angestoßenen Projekten zur kollektiven Verteidigung im östlichen Gebiet des Bündnisses reagiert und ihre Infrastruktur ausgebaut, auch um gerade ihren baltischen Partnern eine Rückversicherung zu geben. Die NATO wolle die Transparenz ihrer Strategie weiter erhöhen, um ihre Aktionen und den Verteidigungscharakter des Bündnisses gegenüber der Öffentlichkeit noch klarer zu vermitteln.

Mit Blick auf die Bekämpfung des IS wurde unterstrichen, dass es in erster Linie eine politische Lösung geben müsse: Die Geldquellen der Terroristen müssten ausgetrocknet werden, und die politischen Führungen im Nahen Osten müssten ebenso wie moderate islamische Geistliche gestärkt und unterstützt werden. Das Militär könne hier nur in sehr eingeschränktem Maße unterstützend wirken. In einem solchen umfassenden Ansatz sollten auch die Europäische Union und zivilgesellschaftliche Organisationen engagiert sein. Als ein möglicher Orientierungspunkt wurde hier die Kooperation zwischen NATO und EU im Kosovo genannt. In Bezug auf die Anschläge von Paris wurde darüber diskutiert, welche Möglichkeiten der EU-Vertrag von Lissabon als Reaktion auf terroristische Attentate biete und welche Konsequenzen diese mit sich brächten: Artikel 42.7, der das Ausrufen des EU-Bündnisfalles nach sich ziehen kann, oder Artikel 188r, der als Solidaritätsklausel die Unterstützung eines von einem Terroranschlag betroffenen Mitgliedsstaates durch die anderen EU-Mitglieder vorsieht.

Weitere Themen, die angesprochen wurden, waren unter anderem der kommende NATO-Gipfel in Warschau sowie die Erweiterung der NATO.

Matthias Naß, Internationaler Korrespondent der Wochenzeitung DIE ZEIT, moderierte die Diskussion.

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