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„Are We Losing One Another?“ Vortrag und Diskussion mit Steven Erlanger

Am Dienstag, den 12. Februar 2015 versammelten sich rund 40 Mitglieder und Gäste der Atlantik-Brücke im Berliner Magnus-Haus zu einem Vortrag des US-amerikanischen Journalisten Steven Erlanger unter dem Titel „Are We Losing One Another? US-German Relations in the Era of Snowden, Putin and the Euro Crisis“. Erlanger, der seit August 2013 Chef des Londoner Büros der New York Times ist und vorher u.a. die New York Times Büros in Paris, Jerusalem, Berlin und Prag leitete, warnte in seiner Rede vor außen- und sicherheitspolitischer Divergenz zwischen Deutschland und den USA und analysierte die aktuellen Herausforderungen für die transatlantischen Partner.

Seinen Vortrag begann Erlanger mit einem Vergleich zu der Situation im Sommer 2002. Damals habe er nach Bundeskanzler Schröders Ablehnung einer deutschen Beteiligung am Irakkrieg eine deutliche und schmerzliche Trennung zwischen Deutschland und den USA verspürt. „Was mich beunruhigt ist, dass wir erneut sehr nahe vor einer Trennung stehen, wenn wir nicht vorsichtig sind“, so Erlanger.

Die wichtigste Aufgabe, vor der beide Nationen nun stehen, sei die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie im Umgang mit Russland. Erlanger kritisierte, dass Deutschland aufgrund seiner geographischen Nähe zu Russland mitunter eine Deutungshoheit russischer Motive und Absichten für sich beanspruche. Die revisionistischen und teils widersprüchlichen außenpolitischen Ansätze unter Präsident Putin bedürften jedoch vielmehr einer gemeinsamen Beurteilung mit den USA. Erlanger relativierte in diesem Zusammenhang auch aktuelle Ängste um eine weitere Eskalation hin zu einer kriegerischen Auseinandersetzung, zu der es seiner Meinung nach nicht kommen werde.

Erlanger betonte, dass Deutschland einer der wichtigsten Verbündeten der USA sei. Auch die deutsche Führungsrolle innerhalb der EU hob er hervor. Er konstatierte allerdings auch, dass Deutschland seine Rolle als europäischer Hegemon nach wie vor nur äußerst widerwillig annehme. Dies sei aus amerikanischer Sicht irritierend und unverständlich. Wünschenswert sei eine weitere Involvierung Deutschlands in nicht-militärischer, außenpolitischer Verantwortung, die, so Erlanger, auch aus finanzieller Beteiligung bestehen könne.

Auch das Thema Eurokrise wurde erörtert. Erlanger betonte, dass ein wirtschaftlich stabiles Europa auch aus amerikanischer Perspektive essentiell sei. Er hinterfragte, warum man in Deutschland nicht schon länger offen über die Möglichkeit eines griechischen Austritts aus der Eurozone diskutiere. Man müsse sich auch vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise klarmachen, dass Putin aktuell das Ziel verfolge, das Vertrauen in westliche Institutionen und Strukturen zu unterwandern. Es wäre daher nicht überraschend, wenn Putin sich aktiv in Griechenland engagiere.

In einer anschließenden, lebhaften Diskussion ging es unter anderem um den NSA-Skandal. Der Ansicht aus dem Publikum, dass eine deutsch-amerikanische außenpolitische Zusammenarbeit durch die NSA-Affäre und die Aussagen von Edward Snowden sicherlich nicht erleichtert würde, stimmte Erlanger prinzipiell zu. Dennoch mahnte er zur Besonnenheit. Die deutsche Enttäuschung über die als Vertrauensbruch wahrgenommenen Maßnahmen des amerikanischen Geheimdienstes dürfe die Kooperation in der Sicherheitspolitik nicht in Mitleidenschaft ziehen.

Auch mögliche Lösungen für die Krise in der Ukraine wurden diskutiert. Erlanger betonte, dass hier viel von der ukrainischen Bevölkerung abhänge. Er sei sich indes nicht sicher, ob der Westen Vorschläge machen solle, in welche Richtung sich die Ukraine bewegen soll. Insgesamt handle es sich laut Erlanger um eine schwierige Situation, deren Ende kaum absehbar sei: „Ich bin leider kein Optimist hinsichtlich der Frage, ob diese Krise bald vorüber ist.“

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