Digitalisierung

Deutschland und die digitale Transformation: Verlieren wir den Anschluss?

Transatlantic Tech Dialogues
Deutschland und die digitale Transformation: Verlieren wir den Anschluss? Stefan Groß-Selbeck, David Deißner, Dorothee Bär und Kai Diekmann im Gespräch (im Uhrzeigersinn von links oben). Foto: Atlantik-Brücke

Dorothee Bär, MdB (CDU/CSU), Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, hat bei der Atlantik-Brücke mit Dr. Stefan Groß-Selbeck, Managing Director und Global Managing Partner, BCG Digital Ventures, über den Stand der digitalen Transformation in Deutschland diskutiert. Kai Diekmann, Storymachine GmbH und Mitglied des Vorstands der Atlantik-Brücke, moderierte die Diskussion.

Die Diskussionsteilnehmer setzten sich unter anderem mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik in Fragen der Digitalisierung auseinander. Schwerpunkte bildeten die Rolle des öffentlichen Sektors und die nur schleppend voranschreitende Digitalisierung des deutschen Bildungswesens. Bär, Groß-Selbeck und Diekmann sprachen auch darüber, was Deutschland von den Vereinigten Staaten mit Blick auf Start-ups begünstigende Kulturen, Risikokapitalgeber, Ausgründungen aus Universitäten und das Verkaufen von erfolgreich gegründeten und am Markt behaupteten Unternehmen lernen kann.

Dorothee Bär räumte ein, dass Europa bezüglich großer digitaler Plattformen zwar hinterherhinke, es jedoch auch Stärken habe, die es nun gilt zu nutzen. Zudem plädierte sie für mehr Mut im Bereich Digitalisierung.

  • Auch wenn der Zug der großen digitalen Plattformen größtenteils an Europa „vorbeigefahren“ sei, könne der Kontinent in einem Bereich eine Vorreiterrolle annehmen: Werte und Standards würden zunehmend wichtiger, und Europa könne seine Werte glaubwürdig vertreten und implementieren.
  • Es bringe nichts, schon vorhandene Technologien und Innovationen zu kopieren. Stattdessen sei es ratsam, neue Technologien wie KI und Wasserstoff zu fördern, um in Zukunft in diesen Bereichen eine Führungsrolle einzunehmen.
  • Digitale Bildung funktioniert und ist wichtig. Das habe die Corona-Pandemie gezeigt. Es müsse sich jedoch die Mentalität an vielen Schulen verändern. Zusatzangebote für Schüler, die digitale Bildung auch außerhalb der Schule fördern, seien ein wichtiges Instrument, um die nächste Generation fit für die Zukunft zu machen.
  • In Deutschland dürfe nicht nur der Datenschutz eine Rolle spielen, sondern auch die Chancen der Datennutzung. Innovative Datennutzung sei zum Beispiel auch bei Gesundheitsdaten wichtig und sinnvoll.
  • Oft fehle der nötige Mut, neue Ideen auszuprobieren – gerade in der Politik. Im öffentlichen Sektor brauche es frische Ansätze und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit neuen Ideen. Initiativen wie „Work4Germany“ und „Tech4Germany“ bildeten hier eine gute Grundlage.

Dr. Stefan Groß-Selbeck erklärte, welche strukturellen Voraussetzungen jetzt geschaffen werden müssen, um ein Ökosystem wie im Silicon Valley auch in Deutschland möglich zu machen, was bei der Finanzierung von Start-ups schon gut läuft und wo noch Handlungsbedarf besteht.

  • Die Politik müsse die richtigen Rahmenbedingungen für Fortschritt in der Digitalisierung setzen. Es müsse jetzt ein Umfeld geschaffen werden, dass es großen Digitalunternehmen und Plattformen erlaubt, in Deutschland zu gedeihen.
  • Eine notwendige strukturelle Voraussetzung sei der Aufbau von Netzwerken, bestehend aus Universitäten, Investoren und Beratern, um Start-ups zu unterstützen und deren Entstehung zu fördern. Ein anderes Beispiel seien attraktive Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, wie sie bei Start-ups in den USA üblich sind.
  • Was die anfängliche Finanzierung von Start-up-Gründungen angeht, sei Deutschland inzwischen gut aufgestellt, vor allem durch Business Angel Networks. Es mangele jedoch oft an Wachstumskapital, was beispielsweise von institutionellen Geldgebern wie Versicherungen bereitgestellt werden könnte.
  • Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl sei es ein positives Zeichen, dass, anders als noch vor vier Jahren, einige Parteien das Thema „Start-up“ in ihren Wahlprogrammen aufgreifen. Trotzdem bräuchte es noch klarere Ziele und Vorgaben.
  • Deutschland verfüge über eine ausgezeichnete Forschungslandschaft, es fehle jedoch am Wissen, wie man Ideen und Innovationen aus der Forschung in Unternehmen umwandeln und profitabel machen kann.

Diese digitale Diskussion war das dritte Event der Reihe Transatlantic Tech Dialogues.

Bleiben Sie auf dem Laufenden und abonnieren Sie unsere Newsletter RECAP & INSIGHTS.