„Geostrategic Implications of Energy (In)Dependence“ – Vortrag von Sigmar Gabriel
Am 9. Oktober 2014 sprach Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor rund 90 Mitgliedern und Gästen der Atlantik-Brücke über die geostrategischen Aspekte von Energiepolitik. Die Frage der Energiesicherheit sei angesichts der gegenwärtigen Krisen im Nahen und Mittleren Osten sowie in der Ukraine hochaktuell. Gleichzeitig befinde sich die globale Energielandschaft im Wandel. Gerade das Wachstum der Weltbevölkerung und die fortschreitende Industrialisierung ließen den weltweiten Energiebedarf steigen, aber auch Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels veränderten die Strukturen globaler wie nationaler Energieversorgung.
Vor diesem Hintergrund und in Antizipation steigender Energiepreise sei größere Unabhängigkeit ein wichtiges Ziel der deutschen Energiewende, so der Minister. Die Bundesregierung habe sich nicht nur den Ausstieg aus der Atomenergie auferlegt, sondern strebe auch eine Senkung von Öl- und Gasimporten an. Darüber hinaus lege sie großen Wert auf Energieeffizienz, da hier ein großes Potential für Bedarfsreduktion stecke. Zugleich sei vollständige Energieunabhängigkeit in der globalisierten Weltwirtschaft unrealistisch; Diversifizierung sei die richtige Strategie, um auf mögliche Lieferausfälle reagieren zu können. Für die EU sei der Ausbau des Energie-Binnenmarktes daher ein wichtiges Ziel. Versorgungssicherheit, so Gabriel abschließend, könne nicht auf nationaler Ebene erreicht werden. Sie erfordere vielmehr eine Europäisierung – und zum Teil sogar eine Internationalisierung – der Energiepolitik.
Die anschließende Diskussion wurde von Matthias Naß, dem Internationalen Korrespondenten der Zeit, moderiert und behandelte unter anderem die Frage, welche Konsequenzen der gegenwärtige Energieboom in Nordamerika für die transatlantischen Beziehungen habe. Gabriel betonte die Notwendigkeit einer engen Partnerschaft Europas mit den USA gerade angesichts der krisenhaften Weltlage.